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2. Studienfahrt nach Berlin, 4.-9. April 2005


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Vom 4. April – 9. April.2005 fand, wie geplant, eine interkulturellen Studienfahrt nach Berlin statt.
Mit dem Programm „Erinnerung- Konflikt- Toleranz“ wollten wir die Gegenwart der Geschichte erkunden und für einen multiperspektivischen und respektvollen Umgang mit vergangenen Gewalterfahrungen und Menschenrechtsverletzungen Lernprozesse fördern, die zum zivilgesellschaftlichen Umgang mit Konflikten in unserer Stadt bzw. in Deutschland befähigen. Wir haben die Fahrt die „2“. Historisch- interkulturelle Studienfahrt genannt, um eine längerfristige Ambition zu verdeutlichen.
Es ging um armenisch-deutsch-kurdisch-türkische Beziehungsgeschichte, um Erinnerungen, und darin um die Spuren und Wurzeln von Konflikt. Und nicht zuletzt mit den Fragen, welche Position habe ich gegenüber der Vernichtung der europäischen Juden etwa als armenische, kurdische oder türkische Deutsche? Oder hätten „wir hiesige Deutsche“ mit dem Völkermord an den Armeniern nicht so viel zu tun? Was ist deutsche, armenische, türkische oder kurdische Geschichte? Und wie gehen wir damit um, alle miteinander und mit den Konflikten, die Teil dieser Gesellschaft sind?
Die TeilnehmerInnen gehören den angesprochenen Gruppen an, aus Köln und aus Berlin. Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. (ASF) beteiligte sich aus Berlin als Mitveranstalter vom Kölner Appell.
21 Menschen armenischer (1 TN), kurdischer (6 TN), türkischer (7 TN) und deutscher (7 TN) Herkunft haben an dieser Studienfahrt teilgenommen.

ZUM PROGRAMMABLAUF

I. Vorbereitungstreffen:

Das Vorbereitungstreffen fand, am Sonntag. 13. März, im Allerweltshaus in Köln, zwischen 15-20 h, statt. Der konzeptionelle Inhalt des Programms „Reader und Materialen“ wurde vor dem Vorbereitungstreffen den Teilnehmenden der Studienreise zugeschickt. 12 TeilnehmerInnen waren anwesend. Das Vorbereitungstreffen diente dem Kennenlernen der Teilnehmenden und Einführung in die Thematik. TeilnehmerInnen und TeamerInnen (Ulla Kux, Firdevs Sinemillioglu, Kirkor Pehlivan und Dogan Akhanli) stellten sich durch eine Collage vor. Die Moderation wurde von Frau Sinemillioglu übernommen, die dann später aus beruflichen Gründen nicht nach Berlin reisen konnte.
Die inhaltlichen Schwerpunkte (Hardenbergstraße, Wilhelmstraße und Wannsee-Villa) und der konkrete Ablauf des Programms wurden von Frau Kux und Herrn Akhanli dargestellt. Die TeilnehmerInnen sprachen über ihre Interessen, Erwartungen und Ängste.

I. Abreisetag, Montag, 04.April 2005

Die Teilnehmerinnen aus Köln und aus Berlin haben sich, wie geplant, um 16:30 h im Frühstückssaal vom „Hotel Am Anhalter Bahnhof“ getroffen. Nach der Begrüßung, der inhaltlichen und organisatorischen Einführung von Ulla Kux wurden der Umgang mit Medien thematisiert und kontrovers diskutiert:
Nach der Einführung haben wir am Abend einen ersten Gang „Rund um das Brandenburger Tor“ mit Führung: Schwerpunkte waren u.a. das Brandenburger Tor, durch das 1945 eine armenische Einheit einmarschierte, die Baustelle für das Mahnmal für die ermordeten Roma und Sinti und das Denkmal für verfolgte Reichstagsabgeordnete in der NS-Zeit.

II. Hardenbergstraße, Dienstag, 05.April 2005

Die Hardenbergstraße in Berlin ist ein Ort, der einen exemplarischen Einblick in die Beziehungsgeschichte unseres armenisch-deutsch-kurdisch-türkischen Vierecks ermöglicht. Am Vormittag führte uns die Exkursion zunächst zum Denkmal von Kemal Cemal Altun (Hardenbergstr. 20) statt. Das dort dokumentierte Ereignis wurde von Kirkor Pehlivan eingeführt; dabei wurde die Asylrechtsdebatte von 1983 und ihre Auswirkungen thematisiert.


Denkmal von Kemal Cemal Altun

Dann gelangten wir zur Hardenbergstraße 17, der heutigen Industrie- und Handelskammer, wo der vormalige osmanische Innenminister und Großwesir Talaat Pascha, der damals in der Hardenbergstraße 4 lebte, am 15. März 1921 von dem armenischen Studenten Saloman Tehlerjan ermordet wurde. Hier wurde von Dogan Akhanli der Völkermord an den Armeniern erläutert.


Talaat Pascha

Die nahegelegene Fasanenstraße mit dem Schicksal der dortigen Synagoge war Anknüpfungspunkt und Überleitung zum Denkmal für die NS-Opfer auf dem Steinplatz. Ulla Kux sprach an diesem Ort über die Geschichte der Familie Behar, von der wir auch an diesem Nachmittag den einzigen Überlebenden treffen sollten.
Am Ende der Straße liegt der Ernst- Reuter-Platz. Ernst Reuter lebte während der NS-Zeit in der Türkei im Exil und wurde Berater der türkischen Regierung, 1938 Professor für Kommunalwissenschaften in Ankara.
Im Zentrum für Antisemitismusforschung der TU fand ein moderierter Austausch (Moderation: Dogan Akhanli) über die Erlebnisse des Vormittages statt.


Isaak Behar

Nachmittags folgte ein Gespräch mit dem Zeitzeugen Isaak Behar (Moderation: Ulla Kux), das die Teilnehmer mit dem weithin unbekannten Schicksal der türkischen Juden in der NS-Zeit bekannt machte, und damit mit einer ungewohnten Perspektive.
Wir schlossen den Tag mit einem moderierten Austausch ab (Moderation: Kirkor Pehlivan).

III. Wilhelmstraße und Kreuzberg, Mittwoch , 06.April 2005

Der Mittwoch begann mit dem Besuch der Gedenkstätte „Topographie des Terrors“. Thematisiert wurde unter anderem die Entwicklung der Gedenkstätten in Deutschland.
Anschließend fanden zwei Stadtrundgänge in getrennten Gruppen statt. Eine Rundfahrt führte zum Thema - „Schon länger als man denkt“: Migrationsgeschichte als Stadtgeschichte- durch den Stadtteil Kreuzberg (Ulla Kux). Die zweite Gruppe besuchte das preußische Regierungsviertel und befasste sich dort mit der armenisch-, deutsch-, kurdisch-, türkischen Geschichte in der Zeit von1835 bis 1938. Schwerpunkte waren hier der Berliner Kongress, die Bagdad-Bahn als Teil der Kolonialzeit und deutsche Persönlichkeiten in Osmanischen Reich (Kirkor Pehlivan und Dogan Akhanli).
Nach dem Mittagessen wurde, weiterhin in zwei getrennten Gruppen, zum einen das Jüdische Museum und zum anderen das Pergamonmuseum besucht: das Jüdische Museum als Teil einer Gedenkkultur einer „Tätergesellschaft“ und das Pergamonmuseum als Ausgangspunkt einer Beschäftigung auf eine deutsche koloniale Expansionsepoche als Teil der deutsch-türkischen bzw. osmanisch-preußischen Beziehungsgeschichte.
Am Abend fanden sich dann beide Gruppen zu einem gemeinsamen Austausch der Tageserlebnisse zusammen.

IV. Vortrag, Donnerstag , 07.April 2005

Am Nachmittag hielt Frank Dingel von der Gedenkstätte „Topographie des Terrors“, einen Vortrag über die Entwicklung des Völkerrechts im 20. Jahrhundert, als Form der Erinnerung an Staatsverbrechen. Anschließend fand eine Diskussionsrunde statt.
Beim Abendessen haben wir mit den folgenden Abgeordneten getroffen: Christoph Bergner, (CDU), Eckhardt Barthel (SPD, Bildung, Migration, Kultur, Geschichte) und Riza Baran (B’90 die Grünen, Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg).

V. Orientabteilung der Staatsbibliothek / Kurdologie,
Freitag , 07. April 2005

In zwei getrennten Gruppen wurde das Politische Archiv des Auswärtigen Amtes bzw. die Staatsbibliothek (Ansprechpartnerin: Meline Pehlivan) und Kurdologie (Ansprechpartner: Siamend Hajo) besucht. Danach traf sich die gesamte Gruppe zu einem Erfahrungsaustausch und es wurden weiterhin organisatorische Punkte zum Abreisetag geklärt.
Zum Abschluss des Tages gab es am Abend die Gelegenheit zum Besuch der „Armenischen Kolonie“.

VI. Haus der Wannsee-Konferenz, Samstag,
08. April 2005

An diesem Tag besuchte die Gruppe das Haus der Wannsee-Konferenz, wo Christoph Kreutzmüller die Geschichte des Hauses sowie die Bedeutung von Gedenkstätten erläuterte. Danach wurde die Ausstellung im Haus besucht. Es entspann sich ein sehr intensives Gespräch über Familienbezüge zum Nationalsozialismus und über damit verbundene Ängste.
Zum Abschluss traf man sich zu einem Austausch (Moderation: Ulla Kux) über die Erinnerung in Einwanderungsgesellschaft.
Zum Schluss wurde mit Gruppe die Studienfahrt mit einer kurzen Auswertung (Moderation: Ulla Kux) und der Heimreise nach Köln abgeschlossen.

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