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Vlasta Idic


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An die PresseVlasta Idic ist Mitglied der Arbeitsgruppe “Deutsche-Roma-Sinti” des Projekts “Mit Konflikten leben lernen- Geschichte(n) und Erinnerung(en) in unserer Vielfalt”, das ab dem Herbst 2005 vom Kölner Appell gegen Rassismus in Kooperation mit zahlreichen anderen Intiativen durchgefürht wird. Vlasta Idic soll am Dienstag, den 08.11.2005, ohne seine Familie nach Serbien abgeschoben werden. Wir, die Mitglieder der Arbeitsgruppe “Deutsche-Roma.-Sinti” fordern, dass diese Abschiebung ausgesetzt wird, die nur als eine Tat der Unmenschlichkeit bezeichnet werden kann. Es ist gleich, ob man humanitäre Begriffe auswählt oder eine sachliche Sprache, um den Vorgang zu beschreiben, nämlich als die bürokratisch abgesicherte und praktisch umgesetzte Vollstreckung staatlichen Handelns, das auf Grund seiner möglicherweise des Leben bedrohenden Charakters einen verbrecherischen Charakter hat. Es wird nicht nur eine Familie, die seit mehr als 13 Jahren in Deutschland lebt, auseinandergerissen, sondern es wird auch ein Mann, der bereits von früheren Verfolgungserfahrungen schwer traumatisiert ist, einer existentiell untragbaren Situation ausgesetzt, die er möglicherweise nicht überlebt.

Herr Idic befindet sich seit 1995 in psychologischer Behandlung. Er leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung; es ist amtlich festgestellt, das er wegen seiner psychischen Belastungen durch die Kriegswirren arbeitsunfähig wurde, außerdem leidet er an Epilepsie und ist akut suizidgefährdet. Die Traumatisierung von Vlasta Idic nahm Ihren Anfang genau in dem Gebiet – in das er jetzt abgeschoben werden soll. Er war seit 17 Jahren nicht mehr in Bujanovac /Serbien, einem Ort an der Grenze zum Kosovo, und er hat dort niemanden, dem er vertrauen kann. Nicht zuletzt durch den Entzug der Existenzgrundlage und die drohende Abschiebung hat sich der Gesundheitszustand von Herrn Idic seit dem letzten Jahr drastisch verschlechtert. 2004 hat die Ausländerbehörde Düsseldorf beschlossen, der Familie die Arbeitserlaubnis zu entziehen. Eine konkrete Begründung gab es nicht. Schon in den letzten Monaten wurden sie in kurzen zeitlichen Abständen dorthin zitiert und mit allen der Behörde zu Verfügung stehenden Mitteln unter Druck gesetzt, Deutschland freiwillig zu verlassen, nicht selten in einem Rhythmus von vierzehn Tagen oder wöchentlich. Verzweifelt, aber beharrlich weigerten sie sich, der sogenannten “freiwillige Ausreise” zuzustimmen. Am 03.11.2005 nahm die gesamte Familie den anberaumten Termin bei der Ausländerbehörde Düsseldorf wahr. An diesem Tag nun griff die Behörde zu neuen Druckmitteln: Herr Idic wurde in den Räumen der Ausländerbehörde in zum Zwecke der Abschiebung in Gewahrsam genommen. Der Rest der Familie wurde nach Hause geschickt. Sie hatten keine Ahnung was mit ihrem schwer kranken Vater geschah. Trotz seiner kriegs- und verfolgungsbedingten Erkrankung stand Herr Idic bis zum 3.01.2005 mitten im Leben. Er ist bekannt als ein guter Familienvater, ein helfender Freund und ein begnadeter Musiker.

Obwohl die Familie nie die Chance erhalten hat, ihren Aufenhaltsstatus zu verfestigen, haben alle Familienmitglieder ihr Leben vorbildhaft gemeistert. Allein diese ungeheure Leistung verdient unser aller Respekt! Die Familie ist ein Musterbeispiel der Integration. Semra, die Älteste, ist inzwischen 17 Jahre alt. Sie ist als einmonatiges Kind nach Deutschland gekommen. Die drei anderen Kinder (Merima 13, Vesna 11 und Edijan 5 Jahre alt), die hier geboren sind, gehen in die Schule und in den Kindergarten. Semra hat ihren Realschulabschluß mit Auszeichnung bestanden und ist gerade dabei, ihr Abitur zu machen. Die Kinder sprechen kein Serbisch und kennen kein anderes Leben als das in Deutschland. Doch auch sie sind akut von der Abschiebung bedroht, ebenso wie ihre Mutter, die jahrelang als Hotelfachfrau die Familie zusammen mit ihrem Mann, der bei einem Wachdienst tätig war, ernährt und versorgt hat. Edijan und Vesna müssen beide dringend an den Ohren operiert werden. Am 3.11.2005 war ein Termin für den Kleinen zur OP im Krankenhaus anberaumt worden. Die
Ausländerbehörde hat den Termin kurzerhand gestrichen, als Herr Idic ins Justizkrankenhaus gebracht wurde, mit der Begründung: Nicht mehr nötig, die Familie wird abgeschoben!

Was ist das für ein verlogenes Selbstbild einer Gesellschaft, die sich insbesondere nach dem neuen Zuwanderungsgesetz ihrer positiven Haltung gegenüber MigrantenInnen so sicher zu sein scheint, obwohl sie faktisch Heimatlosgikeit, Deintegration und Entwurzelung produziert?

Wir beschäftigen uns in unserem Projekt mit der Erinnerung und dem Gedenken an die sogenannten dunklen Seiten der deutschen Geschichte, der Deportation der Roma und Sinti in die Vernichtungslager vor mehr als 60 Jahren. Wir dokumentieren Spuren im Rheinland und werden im nächsten Frühjahr gemeinsam nach Auschwitz fahren. Wir sind Menschen ganz verschiedener Herkunft und Staatsangehörigkeit, einige bezeichnen sich als Roma oder Sinti, bei anderen lassen sich Spuren dieser spezifischen Geschichte und Erfahrung in den Familienbiografien finden, wieder andere sind dabei, weil für sie die Aufgabe, Verantwortung für die NS-Geschichte zu übernehmen, nicht nur eine Worthülse ist, sondern mit Inhalt gefüllt werden soll.

Vlasta Idic und seine Tochter Semra sind Mitglieder dieses Projekts. Sie gehören dazu. Wir brauchen beide für unsere Arbeit in diesem Projekt; wir können nicht auf sie verzichten: Vlasta hat die Aufgabe, die Begleitmusik zu unserer filmischen Dokumentation der Spurensuche zu entwickeln, und Semra ist wichtig als eine junge Frau, die sich selbstbewusst mit der Geschichte und Gegenwart der Roma und Sinti beschäftigt und damit allen anderen einen grossen Schritt voraus ist.

Das Projekt “Mit Konflikten leben lernen”, das Erinnerungs- und Beziehungsarbeit praktisch macht, wird ermöglicht mit der freundlichen Unterstützung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Erinnerung an die Gräuel der NS-Zeit wach zu halten, vor allem auch als Mahnung für die Gegenwart und Zukunft.

Wir fordern:
• die Freilassung von Vlasta Idic
• dauerhaftes Bleiberecht für Gesamte Familie Idic.

Für weitere Information wenden Sie sich bitte an
Rom e.V.
Frau Biesewinkel
Bobstr. 6 - 8, 50567 Köln
Tel: 0221- 24 25 36
Tel (Mobil): 0177 52 94 119

MitgliederInnen der Arbeitsgruppe “Deutsche-Roma-Sinti”

Dogan Akhanli, Iris Biesewinkel, Beata Burakowska, Daniel Burokowski, Michael Burokowski, Janina Göttluig, Cem Günhan, M. Onur Gürgöz, Jannis Keladis, Holger Kieß, Anne Klein, Christina Maier, Grit Morgenroth, Aysegül N. Özipek, K. Emre Özipek, Sabina Xhemajli

07.11.2005

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