Ruanda zwischen Versöhnung und Verweigerung
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von Teresa Huhle
In der Reihe „Erinnern für die Menschenrechte: Geschichte und Geschichte“ waren am 30. Mai die ruandische Schriftstellerin Esther Mujawayo und ihre Lektorin Gudrun Honke beim Kölner Appell gegen Rassismus zu Gast. Vorgestellt wurden sie von Anna Stelthover vom Allerweltshaus Köln, die außerdem auf die nächsten Veranstaltungen in der Reihe hinwies und den Gästen die Raphael Lemkin – Bibliothek zeigte, die inzwischen weit über 100 Bände enthält.
Esther Mujawayo hat den Völkermord, dem 1994 ihr Mann und der allergrößte Teil ihrer Familie zum Opfer fielen, miterlebt und überlebt. Mit ihren drei Töchtern lebt sie heute in Deutschland und arbeitet als Psychotherapeutin mit traumatisierten Flüchtlingen. Sie hat zwei Bücher über ihr Erleben des Völkermords und seiner Aufarbeitung verfasst: 1994 erschien „Ein Leben mehr“ und zwei Jahre später „Auf der Suche nach Stéphanie“.
Gudrun Honke hat von 1983 bis 1991 selbst in Ruanda gelebt und ist bekannt als Herausgeberin von Anthologien afrikanischer Literatur. Sie ist außerdem Herausgeberin eines Werkes über die deutsche Kolonialherrschaft in Ruanda, das den Titel „Als die Deutschen kamen“ trägt.
Frau Honke und Frau Mujawayo führten in einer Mischung aus Gespräch und Lesung durch ihre beiden Werke und damit auch durch die Geschichte Ruandas seit dem Völkermord, durch die Schwierigkeiten des Vergebens und Zusammenlebens. Doch sie stellen gleich zu Anfang klar: Ruanda ist mehr als nur das Land des Völkermords. Um das zu verdeutlichen erzählte Esther Mujawayo als erstes von ihrem Aufwachsen in Ruanda, von ihrer Familie und ihrer sehr glücklich Kindheit, von den Erinnerungen, die ihr das Weiterleben ermöglichten, die sie „Glück volltanken“ ließen. Obwohl ihre Familie schon 1959, 1963 und 1973 Opfer von Pogromen gegen die Tutsi wurde und dabei jedes Mal Hof und Kühe verlor, beschreibt Esther Mujawayo ihre Kindheit als sehr glücklich. Das habe an ihren liebevollen Eltern gelegen, die ihr früh beibrachten, dass zwar ein Haus zerstört werden könne, nicht jedoch das, was der Mensch in seinem Inneren besitze.
„Die Menschen die den Genozid verübten, sind keine Monster“ und genau das sei das so schwer vorstellbare. Esther Mujawayo ging mit den späteren TäterInnen zur Schule, sie lebten Haus an Haus: „Ein Genozid funktioniert mit ganz normalen Menschen“. Ruanda sei ein wunderschönes, grünes, blühendes Land und mit am verstörendsten sei gewesen, dass diese Schönheit nach dem Völkermord einfach fortbestand.
Der Genozid habe nicht nur 1 Million Menschen das Leben gekostet, er habe auch das Miteinander zerstört, ergänzte Frau Honke an dieser Stelle, bevor Frau Mujawayo mit der Erzählung über ihre Kindheit fortfuhr.
Sie sei ein Vaterkind gewesen, sagte sie. In einer patriarchalischen Gesellschaft, in der Mädchen nicht viel zählten, habe ihr Vater ihre Mutter stets vor bösen Zungen in Schutz genommen, die ihr vorwarfen nur Töchter zur Welt zu bringen: Esther Mujawayo hat(te) drei Schwestern, aber keinen Bruder. Er habe auch seine Töchter stets verteidigt und ihnen beigebracht, stolz auf sich zu sein.
Frau Honke las nun einen ersten Auszug aus „Ein Leben mehr“. Esther Mujawayos Familie besaß zwei Hügel, den Heimathügel Mirute und den zweiten Hügel Kagina, da auf dem ersten nicht genug Platz für das Vieh war. Die beiden Hügel trennte ein Fußmarsch von drei Stunden und den ist Esther Mujawayo in ihrer Kindheit oft gegangen. Auf dem Weg erlebte sie Schönes und Unheimliches, sprach mit allen Leuten und konnte anschließend ihre Familie mit dem neuesten Klatsch der ganzen Region versorgen, was ihre Mutter aber gar nicht gerne sah. Nach diesen vorgelesenen Kindheitserinnerungen gab Frau Honke einen kurzen Überblick über Esther Mujawayos weiteren Werdegang. Sie absolvierte die Schule in Ruanda und ging zum Studium der Soziologie nach Belgien. Zurück in Ruanda heiratete sie und befand sich im Land als 1990 der Bürgerkrieg ausbrach und 1994 der Genozid begann.
Bevor sie davon erzählte, wie sie selbst den Genozid erlebte, las Esther Mujawayo die ersten Seiten aus ihrem ersten Buch vor, in denen sie erklärt, weshalb sie sich entschieden hat, ihre Geschichte zu erzählen und aufzuschreiben. Ihre Worte sind sehr eindrücklich.
„Ich will darüber reden, damit niemand je wieder sagen kann, wir haben nichts gewusst.“ „Und ich klage an.“
„`Nie wieder’ ist wieder passiert“.
Sätze, die unter die Haut gehen und jeden ansprechen und anklagen, der zugesehen und nichts unternommen hat. So wie die UNO, die den Völkermord nicht als Völkermord bezeichnete, um nicht eingreifen zu müssen. Doch auch in den schlimmsten Stunden habe es Funken der Menschlichkeit gegeben: „Lass dir deinen kleinen Funken Menschlichkeit von nichts und niemanden nehmen, denn wenn dieser letzte Funke in dir erlischt, dann bist du wirklich tot.“
Auch wenn es absurd klinge, Esther Mujawayo habe in ihrem Versteck – dem Gymnasium in dem ihr Mann als Lehrer arbeitete – „Glück gehabt“, sagte Gudrun Honke.
Ja, das habe sie, bestätigte Esther Mujawayo. Fluchtmöglichkeiten gab es für die Tutsi nicht. Über Radiopropaganda wurde die Hutu-Bevölkerung aufgefordert, alle Tutsi, alle „Kakerlaken“ (wie sie die Propaganda nannte) zu ermorden, wobei statt ermorden „arbeiten“ gesagt wurde. „Geht arbeiten“ stand für „Tötet Tutsi“. Doch in ihrem Versteck hätten sie und ihre Familie die Ausschreitung und Ermordungen nicht mit eigenen Augen ansehen müssen, konnte Esther Mujawayo insbesondere ihre Kinder davor schützen, mit dem Anblick konfrontiert zu werden. Doch das Versteck war kein sicheres. Nach einigen Wochen kamen die Täter und trennten Männer und Frauen. Alle Männer und Jungen, auch der Mann von Esther Mujawayo, mussten mit ihnen gehen und wurden 200 Meter entfernt an einer Straßensperre ermordet.
Hunger mussten sie in dem Versteck nicht leiden. Da es sich um ein Internat handelte und Ferien waren, gab es große Essensvorräte. Das war nicht typisch, beispielsweise habe ihre Schwester, die auch überlebte, nach der Zeit des Versteckens 40 kg weniger gewogen, erzählte Esther Mujawayo. Problematisch sei hingegen die Wasserversorgung gewesen. Das war dann auch einer der drei Gründe, der sie dazu bewogen habe, mit ihren Töchtern das Versteck zu verlassen und im Hotel des Mille Collines (welches durch den Film „Hotel Ruanda“ berühmt wurde) Zuflucht zu suchen. Das Hotel war der einzige Ort an dem es für Tutsi-Flüchtlinge Wasser gab und von dem aus eine Flucht denkbar war. Außerdem hoffte Esther Mujawayo dort ihre Schwester Stéphanie zu finden. Vergeblich, wie sich später herausstellen sollte.
Gudrun Honke las nun die Stelle aus „Ein Leben mehr“ vor, an der Esther Mujawayo von ihrer Flucht zum Hotel des Mille Collines, dem Aufenthalt dort und der anschließenden Fahrt raus aus Ruanda mit einem UN-Konvoi erzählt. Ein UN-Konvoi brachte sie und andere Tutsi-Flüchtlinge im Juni 1994 zunächst in die von der Rebellenarmee RPF beherrschten Gebiete Ruandas und dann über die Grenze nach Uganda.
Dort habe sie zum ersten Mal die Verzweiflung gepackt erzählte Esther Mujawayo. Dort, wo sie zum ersten Mal wirklich in Sicherheit war, hielt sie es nicht aus und ging zurück nach Ruanda, um andere Überlebende zu suchen. Der Genozid war vorbei, die RPF beherrschte Kigali und Esther Mujawayo fand eine Freundin und eine Schwester. Sie waren alle Witwen und Waisen. Mit ihnen sei es ihr endlich möglich gewesen, über das Erlebte zu sprechen. Sie verwies auf ein Foto, das ihre Großfamilie bei der Taufe ihrer ersten Tochter Anna zeigt – von allen Menschen auf diesem Foto waren im Juni 1994 nur noch sie und ihre Tochter Anna am Leben. Eine ihrer Freundinnen habe hingegen alle ihre Kinder verloren und nur überlebt, da sie lebendig zwischen die Leichen geworfen worden war. Anfangs trafen sich die Frauen, die später die Witwenorganisation AVEDA gründen sollten, einfach nur zum Austausch und um gemeinsam mit einem Alltag fertig zu werden, der nicht mehr funktionierte. Alpträume und psychosomatische Schmerzen führten dazu, dass sie Angst hatten, verrückt zu werden. Ihre Therapeuten erklärten Ihnen jedoch, dass das alles normale Reaktionen seien.
Den Entschluss selbst Therapeutin zu werden, fasste Esther auf einer Konferenz, auf der zahlreiche ausländische Experten von Nichtregierungsorganisationen waren und über das Thema Traumatherapie sprachen. Esther sagte dort, bevor eine Therapie möglich sei und wirken könne, bräuchten die traumatisierten Opfer zunächst eine materielle Grundversorgung. Sie wurde abgewiegelt, sie sei ja keine Therapeutin. Esther Mujawayo arbeitete zu dem Zeitpunkt bei Oxfam, nahm ein Sabbatjahr und ging nach London, um ein Jahr später mit einem Diplom in Psychotherapie nach Ruanda zurück zu kehren.
An dieser Stelle machte Gudrun Honke einen Sprung zu Esther Mujawayos zweitem Buch, das von der Suche nach den sterblichen Überresten ihrer ermordeten Schwester Stéphanie handelt. Wie so viele Tote war Stéphanie in einer Latrine verscharrt worden und wie so viele Angehörige versuchten Esther Mujawayo und ihre beiden anderen überlebenden Schwestern den genauen Ort ausfindig zu machen, an dem Stéphanie begraben lag, um sie an einem anderen Ort zu bestatten. Die Suche nach den Gebeinen ist auch die Suche nach den Mördern. Geständige TäterInnen des Völkermords erhalten in Ruanda Amnestie und müssen sich dann vor Gacaca-Gerichten, einer Art Graswurzelgericht verantworten, müssen dort den Angehörigen die Fragen nach dem Verbleib ihrer Familien beantworten. Das Buch handelt also von beidem, der Suche nach Stéphanie und der Suche nach ihren Mördern.
Gudrun Honke las zunächst die Stelle vor, die das Gacaca-Gericht beschreibt, bei dem Esther auf die Mörder ihrer Schwester traf. „Erniedrigende und epische Züge“ trage dieses Gericht, vor dem die Angehörigen angehalten sind, ruhig zu bleiben. Esther Mujawayo gelang das nicht. Nach dem Buchausschnitt erzählte sie, dass die Gerichte eine zu hohe Belastung für die Angehörigen darstellten. Pierre, selbst ein Täter, habe sich entschuldigt und ihr (vermeintlich) geholfen, die Stelle zu finden, an der Stéphanie verscharrt worden war, das alles jedoch in einem ganz normalen, ja banalen Tonfall. Pierre wusste auch, wer Stéphanie getötet hatte: Etienne, ein Nachbar, der immer wieder versichert hatte, er wisse nichts über ihren Verbleib.
Im Epilog des Buches schreibt Esther Mujawayo, das Buch sei die Ruhestätte für Stéphanie, da sie nicht gefunden werden konnte. Später jedoch gelang es ihre Überreste mit ihrem Ausweis zu finden und Etienne wurde verhaftet.
Im Original heißt das Buch „ La fleur de Stéphanie“, also „Stéphanies Blume“. Denn eine Blume, die Stéphanie als Jugendliche am Haus ihrer Eltern gepflanzt hatte, ist das einzige, was Esther Mujawayo auf der Suche nach ihrer Schwester fand. „Etwas bleibt auch wenn gar nichts bleibt“.
Mit diesen Worten beendete Esther Mujawayo ihr Gespräch und ihre Lesung. Langer Applaus und zahlreiche Fragen folgten. Die Fragen bezogen sich einerseits auf Esther Mujawayos Erzählungen, andererseits auf den historischen Hintergrund des Völkermordes, auf die
Frage: „Warum?“.
Die Frage nach dem Warum, nach den Gründen und Hintergründen sei eine schwierige und sehr komplexe sagte Esther Mujawayo. Man müsse sehr viel lesen, um das annähernd zu verstehen. Doch der Schlüssel zum Verständnis sei die deutsche und belgische Kolonialherrschaft. Zwar sei auch vorher nicht alles harmonisch gewesen in Ruanda, habe es zwischen den Hutu, Tutsi und Twa, die Ruanda bevölkerten, schon immer Spannungen gegeben. Die Unterschiede zwischen diesen Gruppen seien jedoch in der Kolonialzeit erst als solche definiert und herausgearbeitet worden, die physikalische, „rassische“ Trennung der Bevölkerung war eine Erfindung der Kolonialherren. Vor der Ankunft der Deutschen und Belgier war Ruanda eine Monarchie und die Trennung zwischen Hutu und Tutsi hatte in erster Linie etwas mit sozialer Macht zu tun. Die Kolonialmächte bevorzugten die Tutsi, sagten, diese seien keine „Neger“. Die Belgier führten 1932 schließlich einen Rassenausweis ein, in dem festgelegt wurde, wer Hutu und wer Tutsi war. An den damals angelegten Kriterien zeigt sich die Vermischung sozialer und ethnischer Kategorien: als Tutsi wurde jeder eingetragen, der mehr als 10 Kühe besaß. Das führte dazu, dass es in ein und derselben Familie Hutu und Tutsi gab, Familienmitglieder unterschiedlichen „Rassen“ zugeordnet wurden.
Während dem Weg in die Unabhängigkeit in den 1950er/1960er Jahren unterstützte Belgien die Hutu. Esther Mujawayo verwies hierbei auf die belgische Gesellschaft, in der es eine klare Trennung zwischen Flamen und Wallonen gibt. Seit Beginn der Unabhängigkeit wurden die Tutsi von den Hutu systematisch massakriert. Die Tutsi haben sich nach Uganda zurückgezogen und sich dort in Guerillataktiken geübt.
Auch Frau Honke bekräftigte, dass die Trennung zwischen Hutu und Tutsi in der Geschichte Ruandas immer für politische Machtinteressen instrumentalisiert wurde.
Nach diesem ausführlichen Überblick über die Geschichte Ruandas, fragte ein Zuschauer, warum man immer nur im männlichen Plural von „Tätern“ spreche, wie sich die Hutu-Frauen während der Zeit des Völkermords verhalten hätten. Frau Mujawayo entgegnete, dass erst kürzlich ein Bericht erschienen sei, der zeige, dass die Hutu-Frauen „nicht so unschuldig wie gedacht“ seien. Sie hätten auch am Völkermord aktiv mitgemacht. Vor dem UN-Tribunal in Arusha sei beispielsweise eine Frau wegen Beihilfe zu systematischen Vergewaltigungen angeklagt. Frau Honke ergänzte, dass der Weg zum Völkermord lange dauerte und geplant war, dass ihn Medienpropaganda über vier Jahre hin vorbereitete.
Ein anderer Zuschauer griff in diesem Kontext nochmals das auf, was Esther Mujawayo ganz am Anfang des Abends aus ihrer Kindheit berichtet hatte: 1994 war nicht der erste Völkermord, bereits in den 1060er Jahren sei es zu Ausschreitungen gekommen, die den Namen Völkermord verdienten. Er fragte dann nach den Befehlsstrukturen hinter dem Völkermord. Die Befehle seien aus dem Militär gekommen, lautete die Antwort. Dort habe die extremistische Hutu-Bewegung „Hutu-Power“ die Macht erlangt. Ein großer Teil dieser Drahtzieher wurde und wird in Arusha angeklagt. Auf der Webseite des UN-Tribunals seien auch die besten Informationen dazu zu finden. Doch die UN-Akten und französischen Geheimberichte seien noch nicht freigegeben.
Die nächste Frage bezog sich dann direkter auf Esther Mujawayos persönliche Erzählungen. Eine Zuschauerin fragte, wie es komme, dass es das Klischee gebe, Hutu und Tutsi ließen sich durch Äußerlichkeiten unterscheiden, wo Esther Mujawayo doch erzählt hatte, die Trennung habe nach sozialen Merkmalen funktioniert. Außerdem fragte sie nach der Bedeutung von Kühen in Ruanda und danach, was aus Etienne, dem Mörder von Stéphanie geworden war, wie es möglich sei, mit den TäterInnen in der Nachbarschaft weiter zu leben.
Zur Bedeutung der Kühe erklärte Esther Mujawayo, sowohl Hutu als auch Tutsi besäßen Kühe. Im gängigen Stereotyp seien jedoch nur die Tutsi diejenigen, die Viehwirtschaft betrieben. Kühe seien in Ruanda die wichtigste Grundversorgung. Wer Geld habe, kaufe sich eine Kuh, sie sei sozusagen ein Sparbuch. „Wenn ich das Geld hätte, würde ich jeder Witwe eine Kuh kaufen.“ Kühe seien nicht nur wertvoll wegen der Milch, sondern auch wegen des Düngers, von dem dann auch die Landwirtschaft profitiere.
Was die optischen Stereotype der Hutu und Tutsi anbelange (wonach Hutu klein und gedrungen, Tutsi groß und schlank seien), so stimmten diese nach Jahrhunderte langer Vermischung nicht mehr. So habe eine ihrer Schwestern beispielsweise überleben können, weil sie wie eine Hutu aussah, erzählte Esther Mujawayo.
Das Zusammenleben von Opfern und TäterInnen sei sehr schwierig, beantwortete sie schließlich die dritte Frage. Doch man habe keine Wahl. Noch heute gebe es Überlebende, die Repressionen ausgesetzt seien. Esther Mujawayo sagte, sie kann sich ein Vergeben und Versöhnen schwer vorstellen, plädiere dafür, sich einfach gegenseitig in Ruhe zu lassen.
Sei das enge Zusammenleben nicht auch eine Chance, hakte ein Zuschauer nach. Das Zusammenleben zwischen Hutu und Tutsi sei kein Problem, entgegnete sie. Ein Problem sei das Zusammenleben von TäterInnen und den Überlebenden. Ihre Meinung über die Gataca-Gerichte habe sie aber inzwischen geändert. Zuerst war sie gegen diese Form der Aufarbeitung gewesen, doch heute hält sie es für den einzigen machbaren Kompromiss, zu dem es keine Alternative gebe. Doch im Grunde sei das Zusammenleben nicht möglich, so lange die TäterInnen noch immer alles besitzten und die Überlebenden Angst haben müssten, dass es wieder passiert.