Bericht: „1000 FriedensFrauen weltweit“
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von Hanna Schmidt
Am 5.September 2008 wurde im Allerweltshaus Köln die Ausstellung 1000 FriedensFrauen weltweit im Rahmen des Projektes „Erinnern für die Menschenrechte: Geschichte und Geschichten“ eröffnet. Sie wird noch bis zum 5. Oktober zu besichtigen sein.
“1000 FriedensFrauen weltweit” als PDF
Als Referentin war Heide Schütz, die Vorsitzende des Frauennetzwerkes für Frieden e.V., anwesend. Sie wurde von Sophie Hennis vom Allerweltshaus vorgestellt, die auch zum Saisonauftakt das neue Veranstaltungsprogramm präsentierte.
Sophie Hennis berichtete, dass sie im Allerweltshaus schon viele starke Frauen aus den verschiedensten Ländern begrüßen konnte und leitete von ihrer persönlichen Erfahrung zu einer weiteren starken Frau, Rigoberta Menchú aus Guatemala, über. Zu Beginn jeder Veranstaltung wird ein Buch der projekteigenen Raphael-Lemkin-Bibliothek vorgestellt. Dieses Mal war es die Bibliografie Menchú, aus der auch einige Seiten vorgelesen wurden.
Die Friedensarbeit von Menchú und ihr Einsatz für die Menschenrechte waren vor Erhalt des Friedensnobelpreises, wie die vieler Frauen, weitgehend unbekannt.
Ihr Beispiel soll zeigen, dass Frauen in Krisenzeiten eine besondere Art von Widerstand leisten, an die Gnade ihrer Gegner appellieren und nie den Glauben an die Zukunft verlieren.
Im Anschluss stellte Heide Schütz, die schon seit langem in der internationalen (Frauen-) Friedensarbeit tätig ist, die Ausstellung vor. Das Projekt soll den Menschen die Augen öffnen, denn die Friedensarbeit von Frauen bleibt häufig im Verborgenen.
Die Ausstellung, die die Porträts von Frauen aus 151 Ländern zeigt, ist das wichtigste Projekt des Frauennetzwerkes für Frieden.
Die porträtierten Frauen wurden stellvertretend für viele weitere FriedensFrauen für den Friedensnobelpreis im Jahr 2005 nominiert. Bei der Auswahl sollte die große Vielfalt von engagierten Frauen berücksichtigt werden. So reicht die Bandbreite von jungen bis zu älteren Frauen in den verschiedenen Bereichen.
Auf den Postkarten, die die Porträts der Frauen zeigen, können ihre Arbeitsfelder an Hand von unterschiedlichen Farben zugeordnet werden. Unter anderem gibt es die Bereiche Versöhnung und Wiederaufbau, Frauenrechte, Minderheiten und indigene Völker, Politik und Regierungsarbeit und Gerechtigkeit und Frieden. Schon allein die Kapitelüberschriften zeigen, dass Frieden sehr umfassend ist.
Zu der Ausstellung kann man auch ein Buch erwerben, das alle 1000 Porträts auf Englisch enthält. Da die englische Sprache keine Barriere darstellen soll, wurde das Buch auch auf Deutsch übersetzt und ist im Internet zugänglich.
Diese Übersetzung stellte eine große Herausforderung dar, da sie geschlechtergerecht und zudem unter extremen Zeitdruck geschehen sollte. Es wurden hohe Anforderungen an die Übersetzer gestellt. Sie mussten sich sehr detailliert mit den verschiedenen politischen Kontexten auseinandersetzen. Jedoch werteten sie die Übersetzungsarbeit als ein sehr positives Erlebnis. Die Beschäftigung mit den Schicksalen der Frauen und ihrem Einsatz für den Frieden habe ihr Leben verändert und ihnen Mut gegeben, sich auch persönlich mehr zu engagieren.
Heide Schütz bestätigte diese Erfahrung. Sie selbst erlebte als kleines Kind den Zweiten Weltkrieg und diese Kindheitserlebnisse bewegen sie noch immer. Sie ist der Überzeugung, dass sich etwas ändern muss und dass Friedensarbeit nicht altersgebunden ist, sondern dass man sie, einmal begonnen, sein Leben lang ausübt.
Viele Frauen leben wegen ihres Einsatzes für Frieden in Lebensgefahr, da ihre Arbeit in den jeweiligen Kulturkreisen häufig nicht respektiert wird. Jedoch haben diese Frauen ein Ziel, das ihnen oft mehr bedeutet als ihr eigenes Leben.
Der Friedensnobelpreis ging im Jahr 2005 an Mohammed al-Baradei, den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde. Diese Preisverleihung stieß auf internationale Kritik, da al-Baradei und seine Organisation angeblich am Kriegsausbruch im Irak mitverantwortlich waren.
Obwohl die 1000 Frauen, die als symbolische Anzahl stellvertretend für viele weitere stehen, den Friedensnobelpreis nicht gewannen, erreichte das Projekt ein wichtiges Ziel: durch die Ausstellung gelangen die Geschichten und Lebenswerke der Frauen an die Öffentlichkeit und ihre Arbeit bleibt nicht länger verborgen. Die Ausstellung wurde schon in vielen Ländern gezeigt.
Heide Schütz stellte auch klar, dass die FriedensFrauen nicht nur für ihr eigenes Wohl, sondern für das der gesamten Gesellschaft arbeiten.
Dies war neben der gewaltfreien Arbeit auch eine Voraussetzung für die Nominierung für den Friedensnobelpreis.
Die FriedensFrauen haben sich in der Zwischenzeit auch untereinander vernetzt und es finden gegenseitige Besuche statt, bei denen es zu einem regen Austausch von Erfahrungen und Projekten geht.
Heide Schütz erzählte von ihrem Besuch bei einer schwedischen FriedensFrau in deren Friedenscafé, wo unter anderem auch Rosa-Luxemburg- und Gandhi-Torte serviert wurden. Auf eine Nachfrage gab Heide Schütz zur Antwort, dass die FriedensFrauen auch politisch seien. Denn Frieden bedeute, gegen Krieg zu sein.
Dieses politische Engagement stöße auch vermehrt auf Kritik.
Abschließend betonte Heide Schütz, dass die Ausstellung die Menschen zum Nachdenken anregen soll und sie auch dazu motivieren soll, sich im Internet weiter und detaillierter über die Frauen zu informieren. Dort findet man zu jeder Frau mehr Informationen.
Im weiteren Verlauf kam es zu einer einigen Nachfragen und einer angeregten Diskussion.
Ein Herr aus dem Publikum sprach die Realisierbarkeit eines Projektes von FriedensMännern an und fragte, ob es nicht eventuell schwieriger für einen Mann sei, sich in der patriarchalischen Gesellschaft für den Frieden einzusetzen. Denn in vielen Kulturen verbietet ein Ehrenkodex die Versöhnung. Dagegen hätten sich die Dienste der Frauen in der Versöhnungsarbeit schon in den Gesellschaften etabliert.
Heide Schütz äußerte sich sehr angetan zu dieser Idee und berichtete von der starken Männerfriedensbewegung in Skandinavien. Sie würde einen solchen Vergleich sehr interessant finden, insbesondere die Frage, welche speziellen Widerstände die Geschlechter in der Friedensarbeit treffen würden.
Eine weitere Publikumsbemerkung war, dass die Frauen den Friedensnobelpreis nicht bräuchten. Heide Schütz bestätigte, dass ihrer Meinung nach der Kern der Friedensarbeit im Nobelpreis sowieso nicht mehr berücksichtigt würde, und der Preis deswegen für ihr Projekt nicht notwendig sei, auch wenn diese Auszeichnung sicherlich eine Ehre gewesen wäre.
Nach einer kurzen Pause wurde der Film 1000 Frauen und ein Traum gezeigt, der die Entstehungsgeschichte des gewagten Projektes dokumentiert. Der Film zeigt an Hand einiger Beispiele, dass es auf der ganzen Welt Frauen gibt, die Basisarbeit für den Frieden leisten und wie nun 1000 von ihnen für die Nominierung für den Friedensnobelpreis ausgewählt wurden.
Eine von ihnen ist Saeeda aus dem Sudan, die sich gegen die dortige Tradition der gesundheitsschädlichen und teilweise sogar lebensgefährlichen Beschneidung von Mädchen wehrte und sie in ihrer abgelegen Wüstengemeinde abschaffte. Sie erreichte auch, dass Frauen nun als gleichwertige Diskussionspartner anerkannt werden und insgesamt mehr geachtet werden.
Maggy in Burundi hat die Mission, ethnisch gemischte Dorfgemeinschaften zu schaffen, in denen Hutu und Tutsi friedlich zusammenleben. Sie musste miterleben, wie Frauen und Kinder in dem Konflikt ermordet wurden, konnte aber sich selbst und viele Kinder retten. Sie errichtete bereits Schulen, in denen Kinder beider Volksgruppen gemeinsam unterrichtet werden.
Die US-Amerikanerin Ellen betreut Gefängnisinsassinnen in Kalifornien und setzt sich für eine bessere und humanere Behandlung der Häftlinge ein. Neben Workshops und Rechtsberatungen propagiert sie auch alternative Bestrafungsmethoden, bei denen weibliche Häftlinge mit ihren Kindern zusammen bleiben können, ohne dass die Gefahr besteht, die Kinder an Pflegefamilien zu verlieren, wie es nach der heutigen Rechtssprechung noch häufig der Fall ist.
Naseeb aus Indien hat bei Hetzjagden gegen die muslimische Minderheit, der auch sie angehört, ihre Familie verloren. Sie setzt sich für die Versöhnung der Religionsgruppen ein und bricht mit einer Tradition, in dem sie Witwen wieder zurück ins öffentliche Leben holt.
Ruth Gaby Vermot-Mangold, die Initiatorin von 1000 FriedensFrauen weltweit bereiste selbst die ganze Welt. 2003 versammelte sie 20 Frauen aller Kontinente im Koordinationsbüro in Bern, um mit ihnen gemeinsam das Projekt zu starten, 1000 Frauen zu suchen und auszuwählen.
Die 1000 Frauen mussten nach vergleichbaren Kriterien beurteilt werden, sodass eine neue, internationale Definition von Friedensarbeit entstand.
Die zweieinhalb jährige Zusammenarbeit der FriedensFrauen festigte ihr Netzwerk. Und auch wenn der Friedensnobelpreis nicht gewonnen wurde, sind die Frauen zufrieden, dass ihre Arbeit und die Ausstellung Frauenarbeit sichtbar machen.
Außerdem, so eine FriedensFrau, „braucht Liebe keinen Preis. Liebe ist der Preis“.
Fotos: Sofie Stroppel